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Amelie Fried
Traumfrau mit Nebenwirkungen
scanned 2005/V1.0
Cora ist erfolgreich in ihrem Job als PR-Spezialistin, und die Männer liegen ihr zu Füßen. Doch als sie dreißig wird, gerät ihr Selbstbewußtsein ins Wanken. Ihr wird klar, daß die Bilanz ihres bisherigen Lebens nicht berauschend ist: Plötzlich läuft manches schief, und sie fällt mit traumwandlerischer Sicherheit auf die Falschen rein. Erst als der coole Künstlertyp Ivan in ihr Leben tritt, geht’s mit Cora wieder steil bergauf.
ISBN: 3-442-43865-9
Verlag: Goldmann
Erscheinungsjahr: 1998
Umschlaggestaltung: Design Team München
Buch
Cora ist erfolgreich in ihrem Job als PR-Frau und bei Männern. Sie sieht gut aus, ist couragiert und witzig, eine echte Traumfrau eben. Als sie dreißig wird, gerät ihr ansonsten unerschütterliches Selbstbewußtsein ins Wanken. Ihr wird klar, daß die Bilanz ihres bisherigen Lebens nicht berauschend ist: Ihr Freund betrügt sie, ihr wichtigster Kunde ist auf dem Absprung, ihre beste Freundin ist schwanger und will bei ihr einziehen. Cora findet Schwangere blöd und kleine Kinder nervig, aber was bleibt ihr übrig, als Uli aufzunehmen? Mit traumwandlerischer Sicherheit sucht Cora sich die falschen Männer aus. Mal fällt sie auf einen notorischen Frauenhelden rein, mal verführt sie ihren besten Freund – und es endet jedesmal im Katzenjammer. Allmählich fragt sie sich: Was mache ich falsch?
Dann aber tritt Ivan in ihr Leben, und Cora hat zuerst mal Krach mit dem coolen Künstlertypen. Um so verblüffter ist sie, als er mit ihr zusammenarbeiten will – in einer Angelegenheit, die viel sinnvoller ist, als es ihr PR-Job je war.
An ihrem einunddreißigsten Geburtstag läßt sie das letzte Jahr Revue passieren, und diesmal ist sie hochzufrieden – denn:
Traumfrauen wie Cora haben noch eine Menge vor im Leben!
Autor
Amelie Fried wurde 1958 in Ulm geboren. Nach ihrem Studium in München arbeitete sie als Moderatorin fürs Fernsehen.
Für ihre Arbeiten wurde sie mit dem Grimme-Preis, dem Telestar-Förderpreis und dem Bambi ausgezeichnet. Sie schreibt Beiträge für Zeitschriften und verfaßt Drehbücher. 1995 erschien ihr erstes Buch »Die Störenfrieds – Geschichten von Leo und Paulina«. Amelie Fried ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt bei München.
Für Iris
EinsEs war der Abend vor meinem dreißigsten Geburtstag. Ich hatte zweihundert Leute eingeladen, ein Büffet organisiert, eine Band engagiert. Es sollte die Party meines Lebens werden. Und ich war in Weltuntergangsstimmung.
In zwei Stunden sollte es losgehen. Ich hatte eine alte Fabrikhalle gemietet und sie mit Video-Wänden, roten Samtvorhängen und Fackeln dekoriert. Ein New Yorker Rapper sollte auftreten, die schrillste Performance-Frau der Szene war gebucht. Zum Schluß sollte die Halle in Schaum versinken. Die halbe Stadt sprach seit Wochen von diesem Fest.
Ich stand lustlos vor dem Badezimmerspiegel und sprach mit mir selbst.
»Alte, du siehst zum Kotzen aus.«
»Weiß ich, halt’s Maul!«
»Kein Wunder, du bist ja keine zwanzig mehr.«
»Sehr witzig.«
Ich versuchte, mittels einer raffinierten Drehung aus einer Handvoll schwarzer Haarsträhnen eine avantgardistische Hochfrisur zu zaubern. Vergeblich. Meine Haare verweigerten ebenso den Gehorsam wie mein Gemütszustand.
Dann probierte ich es vor dem Kleiderschrank. Keine Lust auf gar nichts. Rot? Macht mich noch blasser. Schwärz? Würde meiner Begräbnisstimmung entsprechen. Rock? Hose? Kleid? Ich bin sowieso zu fett. Ihr könnt mich alle mal. Ich bleib’ zu Hause.
Das Telefon klingelte. Florian.
»Du, Cora, ich habe beruflich in Rom zu tun und hänge ein paar Tage dran. Carlo und Marina würden sich auch riesig freuen, dich wiederzusehen. Hast du Lust? Nimm die Abendmaschine, meine Sekretärin hat dir den Flug gebucht. Ich hol’ dich ab.«
Mir verschlug es die Sprache. Nicht nur, weil dieser Schnösel offenbar meinen Geburtstag vergessen hatte. Seit zwei Wochen hatte ich nichts von ihm gehört. Was bildete sich dieser Typ eigentlich ein? Daß ich seit Tagen auf seinen Anruf wartete? Er hatte leider recht.
Florian war meine große Liebe, und ich seine.
Wir hielten es ohne einander nicht aus. Miteinander leider auch nicht. So trennten und versöhnten wir uns seit vier Jahren. Jede Trennung war »für immer«, jede Versöhnung auch. Meine Freundin Uli verdrehte nur noch die Augen, wenn das Gespräch auf den Stand unserer Beziehungen kam.
»Heirate den Kerl endlich, oder schieß ihn in den Wind«, so lautete ihr stereotyper Kommentar, wenn ich mich wieder mal bei ihr über Florian beklagen wollte.
Ich stellte mir vor, wie zweihundert Leute ohne mich feierten. Ich müßte keine geschmacklosen Geschenke auspacken, keine Küßchen verteilen, keine Beileidsbezeugungen entgegennehmen.
Kein Gastgeberinnen-Getue, kein Party-Small-talk, kein Kater danach … Die Idee gefiel mir.
Ohne es zu merken, hatte ich bereits angefangen zu packen.
Was Nettes zum Ausgehen, den Badeanzug für Strandausflüge, eine Strickjacke für den kuscheligen Abend zu zweit.
Carlo und Marina, unsere römischen Freunde, würden sicher Verständnis haben. Im Geiste sah ich uns schon in einem romantischen italienischen Landhaus, im Hintergrund Vivaldi-Musik, in der Hand ein Glas Rotwein. Mein Geliebter hatte die Kulisse bedachtsam gewählt, um mir nun endlich, nach Jahren der Irrungen und Wirrungen, einen Heiratsantrag zu machen. Ich würde zunächst zögern, ihn ein bißchen schmachten lassen, aber dann … Das Telefon klingelte noch mal.
Aus der Traum. Von Rotwein wurde mir sowieso schlecht.
Florian hatte nicht den geringsten Sinn für klassische Musik, und er dachte nicht daran, mich zu heiraten. Im übrigen wollte ich auch nicht geheiratet werden – jedenfalls nicht von ihm. Unser Hotelzimmer würde er wie immer erst mal mit Sagrotan desinfizieren, weil er eine Bakterienphobie hatte, und unsere Gespräche würden sich um seine zweifellos interessante Tätigkeit als Textchef von »Stil«, einer Design-Zeitschrift, drehen.
Es war die Lufthansa. »Leider muß ich Ihnen mitteilen, daß der Flug um 20.45 Uhr nach Rom ausgebucht ist. Ich habe Sie auf die Warteliste gesetzt. Bitte halten Sie sich ab 20 Uhr bereit.«
Scheiße. Es war kurz nach sieben, zum Flughafen brauchte man eine halbe Stunde. Ich haßte es, in Hektik zu packen.
Plötzlich wurde mir siedendheiß. Hennemann! Ich hatte morgen einen lebenswichtigen Termin mit Hennemann, meinem größten Kunden!
Ich machte PR, diesen Yuppie-Job, in dem alle tierisch erfolgreich waren, bloß ich nicht. Das heißt, ich verdiente nicht schlecht, aber die Arbeit ödete mich an. Allerdings hatte ich ein gewisses Talent dafür, diese Tatsache zu verschleiern. Deshalb hielten mich alle Leute für wahnsinnig dynamisch und kompetent. Ich hatte mich nach ein paar Jahren Mitarbeit in einer Agentur selbständig gemacht. Jetzt beschäftigte ich zwei feste und bei Bedarf eine Horde freier Mitarbeiter.
Woran es lag, daß ich mich nicht erfolgreich fühlte? Ich weiß es nicht. Vielleicht war ich zu anspruchsvoll. Geldverdienen allein machte mir einfach keinen Spaß mehr. Ich lehnte massenhaft Aufträge ab, weil ich keine Lust hatte, Broschüren für den deutschen Skiverband abzufassen oder Designer-Preisverleihungen für mittelständische Büromöbelhersteller zu gestalten. Womöglich war ich einfach im falschen Job.
Ich malte einen großen Zettel BIN IN ROM! und legte ihn auf den Schreibtisch im Büro. Hella und Arne würden morgen früh in Ohnmacht fallen. Aber man soll seine Angestellten ja zu selbständiger Arbeit animieren. Die beiden würden schon fertig werden mit Hennemann.
Der Kerl war ein Gschaftlhuber schwäbischer Herkunft, hatte eine gutgehende Schokoladenfabrik und einen unseligen Hang zur Verbreitung von Kultur. Oder besser: dem, was er dafür hielt. Einen Auftritt der Fischer-Chöre zum Beispiel. Oder eine Ausstellung »Bierdeckel aus zwei Jahrhunderten«. Mich hatte er engagiert, um seinen Sponsor-Aktivitäten einen etwas »zeitgeischtigeren« Touch zu geben. Seither quoll unser Büro von Gratis-Schokoriegeln über, aber auf die Fischer-Chöre fuhr er immer noch ab.
Ich stieg in meine Jeans, streifte achtlos ein T-Shirt über und schnappte meine Lederjacke. Dann bestellte ich ein Taxi.
Gleich halb acht. Verdammt, hatte ich alles? Geld, Paß, Kontaktlinsen-Dose, Unterwäsche, Badelatschen? Nervös suchte ich nach Zigaretten. Ach Blödsinn, ich rauchte ja seit zwei Jahren nicht mehr. Ich vergaß es immer, wenn ich mich aufregte. Leider war das ziemlich oft der Fall.
Endlich kam das Taxi. Schon zwanzig vor acht. Hoffentlich bekam ich einen Platz in dem dämlichen Flieger. Warum, zum Teufel, mußte heute alle Welt nach Rom fliegen? Möbelmesse, Modenschau, Papstwahl? Keine Ahnung, was es dort so Spannendes gab. Ich wußte nur eines: Ich mußte mit!
Der letzte Krach mit Florian hatte es in sich gehabt. Zwei Wochen Funkstille, das gab es selten. Und jetzt sein Anruf.
Sicher hatte er sich endlich Gedanken über uns gemacht.
Gute Vorsätze gefaßt. Entscheidungen getroffen. O Gott, was für Entscheidungen?
»Haben Sie eine Zigarette?«
Der Taxifahrer drehte den Kopf nach hinten und knurrte:
»Nichtraucher!«
Ich sank in meinen Sitz zurück.
Nach einer Weile fragte er überraschend sanft: »Warum machen Sie denn das?«
»Was?« fragte ich entgeistert zurück.
»Rauchen.«
»Tu’ ich ja gar nicht.«
»Ach so.«
Wieder Pause.
»Wo geht’s denn hin?«
»Nach Rom.«
»In die Ewige Stadt also.«
Ewig. Ewigkeit. Für immer und ewig.
»Sagen sie, schaffen wir’s bis acht?«
Bedächtiger Blick auf die Uhr. »Nein, schaffen wir nicht.«
»Könnten Sie...
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